Der Tag danach
… wird wohl noch etwas auf sich warten lassen.
So halb war ich drauf gefasst, dass die Sache jetzt an Schwung verlieren würde, und ich habe ja auch nicht vor, Xerox zu schaden. Ich habe mich ernsthaft gefreut, wie offen sie auf mich zugegangen sind und habe daher auch ernsthaft versucht, zu helfen.
Aber – Stammleser kennen diesen Satz schon – wir gehen nun über zur Thematik „das Internet vergisst nichts.“ Lest mal die teilweise harschen Kommentare unter dem Xerox-Statement! So ganz scheint man sich nicht damit zufrieden zu geben, dass ein einmaliger kleiner Hinweis beim Einstellen der Kompression auf „Normal“ (sic!) ausreichen soll, um mögliche Jahresladungen subtil verfälschter Dokumente über vielleicht zigtausende Unternehmen weltweit einfach abzuhaken. Die Seite läuft schon den ganzen Tag über bei bis zu 160 Hits pro Minute, weil die Xerox-Sache so ganz, ganz langsam die Massenmedien erreicht. Ein Bekannter von mir hat die Sache auf eine wunderschöne Art und Weise auf den Punkt gebracht, die ich euch nicht vorenthalten möchte:
Oh, wow, David, du bist am Arsch. Es steht GANZ KLAR im Bedienerhandbuch. Oder hast du etwa die Seite 107 von 328 nicht gelesen? – Das ist ja, wie wenn ich im Auto die Heizung auf exakt 21 Grad stelle, dann deswegen die Bremse nicht funktioniert, und sich die Herstellerfirma nach Jahren von unerklärlichen Unfällen auf Seite 107 im Manual bezieht, wo ganz klar steht, dass man nun mal nicht exakt 21 Grad einstellen sollte, wenn man auch bremsen will.
Treffer, versenkt – wobei vergessen wurde, dass ich meinen Blogartikel ja gar nicht erst geschrieben hätte, wenn der Xerox Support über alle Level hinweg mal auf das Schlagwort „Character Substitution“ reagiert hätte. Den Mund hab ich mir fusselig geredet.
Einenhabichnoch, einenhabichnoch: Den besten und trockensten Kommentar zum Thema habe ich auf Gizmodo gelesen. „You had 1 Job, Xerox, 8 Job.“
Bleibt mir gewogen, und natürlich wird hier weiter zum Thema gepostet, sobald es was neues gibt. Vielen herzlichen Dank für die Unterstützung aus aller Welt!
Edit: Noch eine (ernstere) Sache, die ich die ganze Zeit gefragt werde. Kann das mehr als nur ein Xerox-Problem sein? Ich denke, ja. JBIG2 ist ein mächtiges Kompressionsverfahren, aber wie wir alle sehen, kann es gefährlich werden, wenn es falsch eingesetzt wird. Der wichtige Punkt ist, dass die Benutzer nicht sehen können, dass der Scan falsch ist. Andere Kompressionsverfahren lassen Zahlen unter Artefakten untergehen, und dann sieht man das und scannt eben neu. Hier werden kaputte Zahlen durch wunderschön aussehende, jedoch vielleicht inkorrekte ersetzt. Das macht den Fehler extrem schwer zu finden. Diese Sache existiert in Xeroxmaschinen anscheinend über Jahre hinweg, und *jetzt*, wo die Leute aufmerksam geworden sind, reproduzieren sie den Fehler über die ganze Welt hinweg. Natürlich kann das auch bei Maschinen genauso passieren, die nicht von Xerox sind.
Was Xerox angeht: Ich stimme mit Xerox überein, dass die Sache nicht in dem Sinne ein Bug sein muss (it's not a bug, it's a feature!!1) – aber in jedem Fall ist es der Supergau unter den Kommunikationspannen sowohl vom Aspekt der Dokumentation, als auch vom Support, als auch von der Reaktionsgeschwindigkeit der Pressestelle her. Und diese Panne erzeugt dann leider exakt die Folgen, die ich gefürchtet habe, als ich noch davon ausging, es wäre ein Bug.
Andere sehen das nciht ganz so rosig. Mir ist mehrmals die Hypothese zugetragen worden, dass das durchaus ein Bug war, der Xerox irgendwann zugetragen wurde – und dann konnten sie natürlich keinen Rückschritt machen, sondern haben das „Normal“-Setting nicht mehr als Default rausgegeben und eine kleine Meldung daneben platziert. Dass Patch-Based lossy compression in einem Dokumenten-Scankopierer nicht sinnvoll einzusetzen ist, macht diese These nicht unplausibel.
Mag jeder selbst sehen, was er am wahrscheinlichsten findet.